Der Rostocker „Pestaltar“

Rostocker Pestaltar
Benedikt Dreyer (1495-1555)
um 1530/34

Rostock, Marienkirche

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Der Rostocker Pestaltar gibt Einblick über die Frömmigkeitspraxis im Mittelalter. Er sollte nicht nur der Verehrung und als Schmuckelement im Kirchenraum dienen , sondern wurde gezielt von der Zunft der Bader und Wundärzte gestiftet, um für das eigene Seelenheil Sorge zu tragen. Der Altar befindet sich heute im Chorumgang der Marienkirche. Das Eichenholztriptychon stammt aus der Zeit 1530/34, misst 2,76 x 2,05 m und besteht aus einem Mittelschrein mit zwei Seitenflügeln. Zugeschrieben wird das Werk dem Lübecker Bildschnitzer Benedikt Dreyer (um 1495-1555) beziehungsweise seinem Umfeld. Statt für die in Norddeutschland typische Kastenform, sind hier nach oben auslaufende Eselrückenbögen über dem Mittelschrein und Kielbogenabschlüsse über den Seitenflügeln verwendet worden. Der holzsichtige Flügelschrein wird von drei besonders verehrten Pest-Heiligen geschmückt: Die zentrale Figur stellt den Hl. Rochus dar, flankiert wird er links vom Hl. Antonius als Eremit und rechts vom Hl. Sebastian. Der linke Flügel des Altars zeigt die Heiligen Ärzte Cosmas (links) und Damian (rechts), die Patrone der Stifter-Zunft. In den Reliefs auf der anderen Seite sind der Bischof Hugo von Rouen und Christophorus mit dem Jesuskind zu sehen. Der Mittelschrein wird von einem Tabernakel mit Fialtürmchen beziehungsweise Streben bekrönt, in welchem Maria mit dem Kind im Strahlenkranz und mehrere weibliche Heilige – die Trias der sog. Heiligen Madeln – zu sehen ist.  

Die Heiligen werden alle als Schutzpatrone gegen Pest und Krankheit angerufen. Besonders betont wird das in der zentralen Rochus-Figur. An seinen entblößten Beinen steht ein kleiner Engel mit überlangem Gewand, der mit seiner rechten Hand die Pestbeulen an seinem Oberschenkel berührt. Ein unmittelbarer Zusammenhang der Altarstiftung mit einem Pestausbruch ist allerdings nicht zu rekonstruieren. Die letzte Pestepidemie in Rostock vor der Erschaffung des Altares lässt sich für das Jahr 1463/64 bezeugen. Die nächste ereilte Rostock erst 1565. Jedoch suchten viele Menschen bei den Heiligen Schutz und ließen für ihre Verehrung Altäre stiften.

Manuel Alexander von Aufschnaiter

Krohm Hartmut: Malerei und Skulptur des späteren Mittelaters und der frühen Neuzeit in Norddeutschland, 2004

Grin, geprüft am 10.09.20: https://www.grin.com/document/120881

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