Der Rostocker „Pestaltar“

Rostocker Pestaltar
Benedikt Dreyer (1495-1555)
um 1530/34

Rostock, Marienkirche

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Der Rostocker Pestaltar gibt Einblick über die Frömmigkeitspraxis im Mittelalter. Er sollte nicht nur der Verehrung und als Schmuckelement im Kirchenraum dienen , sondern wurde gezielt von der Zunft der Bader und Wundärzte gestiftet, um für das eigene Seelenheil Sorge zu tragen. Der Altar befindet sich heute im Chorumgang der Marienkirche. Das Eichenholztriptychon stammt aus der Zeit 1530/34, misst 2,76 x 2,05 m und besteht aus einem Mittelschrein mit zwei Seitenflügeln. Zugeschrieben wird das Werk dem Lübecker Bildschnitzer Benedikt Dreyer (um 1495-1555) beziehungsweise seinem Umfeld. Statt für die in Norddeutschland typische Kastenform, sind hier nach oben auslaufende Eselrückenbögen über dem Mittelschrein und Kielbogenabschlüsse über den Seitenflügeln verwendet worden. Der holzsichtige Flügelschrein wird von drei besonders verehrten Pest-Heiligen geschmückt: Die zentrale Figur stellt den Hl. Rochus dar, flankiert wird er links vom Hl. Antonius als Eremit und rechts vom Hl. Sebastian. Der linke Flügel des Altars zeigt die Heiligen Ärzte Cosmas (links) und Damian (rechts), die Patrone der Stifter-Zunft. In den Reliefs auf der anderen Seite sind der Bischof Hugo von Rouen und Christophorus mit dem Jesuskind zu sehen. Der Mittelschrein wird von einem Tabernakel mit Fialtürmchen beziehungsweise Streben bekrönt, in welchem Maria mit dem Kind im Strahlenkranz und mehrere weibliche Heilige – die Trias der sog. Heiligen Madeln – zu sehen ist.  

Die Heiligen werden alle als Schutzpatrone gegen Pest und Krankheit angerufen. Besonders betont wird das in der zentralen Rochus-Figur. An seinen entblößten Beinen steht ein kleiner Engel mit überlangem Gewand, der mit seiner rechten Hand die Pestbeulen an seinem Oberschenkel berührt. Ein unmittelbarer Zusammenhang der Altarstiftung mit einem Pestausbruch ist allerdings nicht zu rekonstruieren. Die letzte Pestepidemie in Rostock vor der Erschaffung des Altares lässt sich für das Jahr 1463/64 bezeugen. Die nächste ereilte Rostock erst 1565. Jedoch suchten viele Menschen bei den Heiligen Schutz und ließen für ihre Verehrung Altäre stiften.

Manuel Alexander von Aufschnaiter

Krohm Hartmut: Malerei und Skulptur des späteren Mittelaters und der frühen Neuzeit in Norddeutschland, 2004

Grin, geprüft am 10.09.20: https://www.grin.com/document/120881

Pestbanner aus Perugia

Gonfalone di San Francesco al Prato
Benedetto Bonfigli und Mariano d´Antonio
1464

Perugia

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In Perugia (Region Umbrien) in der Kirche S. Francesco al Prato kann man ein besonderes  Zeugnis der Reaktion auf die Pestepidemie des späten Mittelalters in Italien bestaunen. Die sogenannte ‘Gonfalon’ wurde um 1464 für das Franziskaner Kloster in Perugia von zwei bekannten Künstlern der Region , von Benedetto Bonfigli und Mariano d´Antonio, bemalt. Kirchenfahnen dieser Art fanden vorwiegend ihren Ursprung in Italien (Toskana und Umbrien) in der Mitte des 15. Jahrhunderts und wurden in Bittprozessionen gegen die Pest mitgetragen. 

Ikonographisch lassen sich auf der Fahne mehrere pestbezogene Motive miteinander identifizieren: Im Zentrum steht würdevoll die ’Madonna della misericordia’ die im deutschsprachigen Raum auch als Schutzmantelmadonna bekannt ist. Ihr gekröntes Haupt wird von einem Nimbus umgeben, der das Grußwort des Veründigungsengels in sich birgt: „Ave Maria, Grazia Plena“. Ihr reich verzierter Mantel, an dem bereits einige Pestpfeile wirkungslos abgeprallt und zerbrochen sind, breitet sie über die schutzsuchenden Stadtbewohner aus Perugia aus. Rechts und links vom Betrachter knien Frauen und Männer und bitten den strafenden Gottvater, der sich oberhalb Mariens befindet, um Erbarmen. Maria wird zahlreich von Heiligen umgeben, die als Fürbitter für das schutzsuchende Volk stehen. 

Ganz außen links beginnt der Kranz der Heiligen mit dem Ordensbruder Bernhardin von Siena, fortgesetzt durch Franz von Assisi, Herculanus, den Bischof von Perugia, den Diakon und Märtyrer Laurentius mit seinem Attribut, dem Rost, den Hl. Bischof Ludwig von Toulouse, wahrscheinlich Bischof Konstantius und den Dominikanerquisitor St. Petrus Martyr. Geschlossen wird der Fürbittenkreis durch den bekannten Pestheiligen Sebastian, dessen Leib von zahlreichen Pfeilen durchbohrt erscheint.

Maria versucht den erzürnten Gottvater zu besänftigen, der mit drei Pfeilen (Pest, Krieg und Teuerung) auf die Bevölkerung zielt. Die beiden schwebenden Engel symbolisieren den Widerstreit des Richters  beziehungsweise die beiden Möglichkeiten, wie Gottes Urteil aussehen könnte: Der linke Engel, vom Betrachter aus gesehen, stellt die strafende Gerechtigkeit dar, der andere steckt sein Schwert in die Scheide und übt Barmherzigkeit aus. 

Der untere Bildabschnitt zeigt die Stadtansicht Perugias, mit wichtigen Bauwerken von Erkennungswert: Angefangen mit der Apsis von S. Francesco, über dem Palazzo dei Priori bis zum Dom der Stadt. Im Zentrum vor der Stadtmauer sieht man personifiziert den übermächtigen Tod als Gerippe mit Fledermausflügeln auf einem Berg von Pestleichen. 

Die Prozessionsfahne stellt ein bemerkenswertes Pestzeugnis dar, denn es vereint typische Elemente der Pestikonographie und geht auf die Frömmigkeitspraxis in der Pestzeit ein.

Manuel Alexander von Aufschnaiter

Jakubowski-Tiessen, Manfred / Lehmann, Hartmut (Hrsg): Um Himmels Willen, Religion in Katastrophenzeiten. Göttingen, 2003

Pestprozessionen und Bittgänge

WerkstitKarl Borromäus in der Zeit der Pest in Mailand im Jahre 1576
Cesare Nebbia
um1604

Pavia, Collegio Borromeo, Ehrensaal

Bildlink:http://www.collegioborromeo.eu/biblioteca/wp-content/uploads/2015/10/IMG_9014.jpg

Copyright

Dieses Werk eines Fresken-Zyklus aus der Zeit um 1604 von Cesare Nebbia (1536-1614) befindet sich im großen Saal des Collegio Borromeo in Pavia. Es zeigt eine Bittprozession auch Bittgang, Flurprozession oder Bußprozession. Darunter ist im Christentum ein religiöser Anlass zu verstehen,  um Gottes Segen zu bitten für Schutz, Abwendung von Gefahren und Notsituationen. Der Protagonist der Szene ist der Heilige Karl Borromäus, Kardinal und Erzbischof von Mailand, in einem Moment der Fürsprache für die Menschen, die in dem großen Pestausbruch des Jahres 1576 erkrankten. Zahlreiche Menschen kostete es das Leben. Der in Mailand besonders verehrte Heilige Bischof setzte sich mit allen Mittel ein, um der Pest ein Ende zu setzen und machte sich stark für Unterkünfte, Medikamente, Lebensmittel und Bekleidung für Erkrankte, ließ Altäre bauen damit die Gläubigen die Heilige Messe mitfeiern konnten, sorgte für Sakramenten Spendung und informierte sich gezielt, um die rasche Ansteckung  einzudämmen.

Dargestellt wird er hier im Bild mit einer bedeutenden Kreuzreliquie (der heiligen Nagel aus dem Mailänder Dom –  unter einem Prozessionshimmel, umgeben von etlichen geistlichen Würdenträgern, Prälaten und Klerikern, die eine lange würdevolle Prozession bilden. Um den Zug der Geistlichen herum sind die von der Krankheit heimgesuchten Menschen zu sehen. Links entdeckt man Kadaver, die bereits der Pest zum Opfer gefallen sind, während rechts ein Hoffnungsschimmer aufkeimt, was durch die verwendeten, hellen, Farben betont wird: Eine kranke Frau darf die Heilige Kommunion zur Tröstung und Heilung empfangen.

Manuel Alexander von Aufschnaiter

Lombardia Beni Cultural, geprüft am 10.09.20: http://www.lombardiabeniculturali.it/opere-arte/schede/1j570-00056/

Peroni, Adriano: Il collegio Borromeo di Pavia Architettura e Decorazione, Alfieri & Lacroix, 1961

Die christliche Religion in Katastrophenzeiten

Kommt es dieser Tage zu Naturkatastrophen werden Experten wie Naturwissenschaftler, Techniker, Mediziner eingeschaltet, um Gründe für den Auslöser der Tragödie zu finden: Als Folge des Versagens oder der falschen Bedienung hoch komplizierter technischer Apparate und Maschinen, als Folgen von Zufällen oder menschlichen Fehlverhaltens. 

Im Mittelalter bis hin zur frühen Neuzeit ging man damit ganz anders um. Im Angesicht von Naturkatastrophen, Kriegen, Hunger und der Pest suchten die Menschen Zuflucht und Antworten in ihrem christlichen Glauben. Der Anspruch an die Experten in Sachen Religion war ein umfassender. Von der Kirche wurde soziale Kompetenz im Zusammenhang mit religiösen Riten verlangt, wie den Hinterbliebenen seelischen Beistand zu leisten, Trost zu spenden sowie Schutz und Sicherheit zu gewähren. Als Konsequenz daraus erfolgte im 14. Jahrhundert eine immense Zunahme liturgischer Praktiken, die zum Teil völlig neu waren, zum anderen Teil aber auch aus bereits existierenden Ritualen entwickelt wurden. Die Kirche sorgte für würdige Beerdigungen der Opfer, veranstaltete trostspendende Andachten vor Altären und Heiligen in den Gotteshäusern und kümmerte sich um Verletzte sowie Hinterbliebene.

Der Kirche und ihren Vertretern wurde  rückwirkend betrachtet viel abverlangt: Neben der seelsorgerischen Begleitung war auch die Verarbeitung und Überwindung von Traumata durch eine religiöse Sinngebung gefragt, also eine Antwort auf die Frage „Warum?“. In der heutigen modernen Welt wird diese Frage fast vollständig von Experten übernommen. Früher wurde die Strafe Gottes als eigentliche Ursache für Katastrophen wahrgenommen, als Antwort auf sündhaftes Verhalten der Menschen. Da man annahm, Gott habe die Verfügungsgewalt über das Auftreten von Seuchen und deren Entwicklung zu Epidemien, lehrten Vertreter der Kirche wie Ordensmänner, Priester und höhere Geistliche, über sittliches Dasein, Handeln in den Augen Gottes, eine Lehre die wenn man die genannten Aspekte betrachtet auf das Seelenheil ausgerichtet war, um das Unglück fernzuhalten. Daraufhin wurden die Sühne und das Bußsakrament als wichtigstes Heilmittel und als Arznei suggeriert. Das bedeutet, man setzte die medizinische Arznei an zweite Stelle und priorisierte die religiöse, um des Seelenheils Willens. Die Gläubigen suchten Schutz bei den Pest Heiligen und besonders bei Maria al Sinnbild der Barmherzigkeit. Sie ließen Votivmessen feiern, stifteten Altäre, Gotteshäuser, liturgische Gebrauchsgegenstände und hielten Prozessionen ab, um die göttliche Interzession zu erleben. 

Im Folgenden werden Werke vorgestellt, die das Eingreifen der Kirche sowie ihre Reaktion auf Epidemien , wie die Pest zeigen. Es wird der Frage nachgegangen: Wie spendete die Kirche Trost durch ihre soziale Kompetenz im Einvernehmen mit den religiösen Prinzipien, in bedrohlichen epidemischen Zeiten. Die Beispiele beziehen sich auf Europa, insbesondere auf Mitteleuropa, sowie auf die Erklärungs- und Deutungsleistungen des Christentums.

Manuel Alexander von Aufschnaiter

Literatur: Jakubowski-Tiessen, manfred / Lehmann, Hartmut (Hrsg): Um Himmels Willen, Religion in Katastrophenzeiten. Göttingen, 2003

Kreativität während Corona-Isolation

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tussenkunstenquarantaine. official instagram page

Kunst steht nie still. Dies beweist die folgende Challenge, welche während der Hochzeit der Corona-Pandemie entstanden ist, als Kunststätten wie Museen, Theater und Lichtspielhäuser schließen mussten. Das „Getty Museum“ aus Los Angeles forderte die Leute, per Twitter dazu auf Kunstwerke Zuhause in ihren eigenen vier Wänden, mit ihren eigenen Utensilien nachzustellen. Dabei sei es vollkommen trivial, ob man selbst oder andere Menschen im Bild zu sehen sind, oder ob lediglich irgendwelche Gegenstände, die zur Rezeption genutzt werden und auch ob, es sich im Original um ein Gemälde, Fotografien oder Skulpturen handelt. Ziel der Challenge ist es, entweder alleine oder mit Freunden oder Familie ein bisschen Spaß und Leichtigkeit in Zeiten der Corona-Krise zu erleben und dabei auch noch das Thema Kunst und Kreativität aufblühen zu lassen.
Die Niederländerin Annelies Officer beispielsweise verbindet mit ihrem Instagram-Account „tussenkunstenquarantaine“, was so viel bedeutet wie „zwischen Kunst und Quarantäne“, Menschen auf der ganzen Welt. So sei jeder motiviert, sich selbst an der Challenge zu versuchen.

Elena Brunner



br.de. Museums-Challenge: Zehntausende stellen Kunstwerke nach (18.04.2020), zuletzt geprüft am 29.10.2020. https://www.br.de/nachrichten/kultur/museums-challenge-zehntausende-stellen-kunstwerke-nach,RwVDSK7

mymodernmet.com. People Recreate Works Of Art With Objects Found at Home During Self-Quarantine (26.08.2020), zuletzt geprüft am 29.10.2020. https://www.br.de/nachrichten/kultur/museums-challenge-zehntausende-stellen-kunstwerke-nach,RwVDSK7

ad-magazin.de. Der digitale Kulturtipp des Tages: Homemade Art auf Instagram (26.03.2020), zuletzt geprüft am 29.10.2020. https://www.ad-magazin.de/article/kulturtipp-instagram-tussenkunstenquarantaine



Game Changer

Game Changer

Banksy

Universitätsklinikum Southampton

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banksy. official instagram page

Bei diesem Objekt handelt es sich um ein monochromes Bild mit den Maßen 100x100cm und einer Notiz (übersetzt): „Thanks for all you‘re doing. I hope this brightens the place up a bit, even if it‘s only black and white.“/“Danke für alles, was Sie tun. Ich hoffe dies erhellt den Ort ein wenig, auch wenn es nur in schwarz-weiß ist.“ [Übersetzung E.B.] Zu sehen ist es seit Anfang Mai im Universitätsklinikum Southampton.

Dargestellt ist ein Junge mit T-Shirt und Latzhose im Spiel mit einer Puppe in Gestalt einer Krankenschwester. Neben dem Jungen steht ein Papierkorb, in dem sich zwei fortgeworfene Puppen befinden, die den Comic-Figuren Batman und Superman nachempfunden sind. Sie wurden entsorgt weil die Krankenschwester mittlerweile die Rolle der Superheldin übernommen hat. Das rote Kreuz auf der Schürze als einzig farbiges Element verdeutlicht den Bezug zu Banksy. Dieser verwendet in seinen Werken oft nur ein rotes Element, der Rest bleibt schwarz-weiß. Banksy bestätigte die Urheberschaft auf seinem Instagram-Konto. Der Titel „Game Changer“ könnte sich einerseits auf das Coronavirus selbst beziehen, welches die Menschen in vielerlei Hinsicht vor Herausforderungen stellt, oder aber auf die neuen Superhelden, nämlich das Pflegepersonal, welches leider erst durch solche Krisenzeiten an gesellschaftlicher Bedeutung gewinnt. Das Gemälde soll bis Herbst 2020 in der Universitätsklinik bleiben, anschließend versteigert werden und der Erlös dem National Health Service zukommen.

Bei Banksy handelt es sich um einen britischen Street-Art Künstler, dessen wahre Identität trotz seiner großen Bekanntheit geheim geblieben ist. Er übt visuelle Kultur- und Gesellschaftskritik aus und hat mit seinen vorgefertigten Schablonen, durch die mit Farbe sogenannte Stencils gesprüht werden, einen unverwechselbaren Stil.

Elena Brunner



Matzner, Alexander. Banksy: Game Changer feiert Pflegepersonal. artinwords.de, (07.05.2020), zuletzt geprüft am 29.10.2020. https://artinwords.de/banksy-game-changer-feiert-pflegepersonal/

faz.net. Banksy dankt Corona-Helden mit neuem Kunstwerk, (07.05.2020), zuletzt geprüft am 29.10.2020. https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/banksy-dankt-corona-helden-mit-neuem-kunstwerk-16758775.html



Rem-Altar: Der Hl. Rochus mit dem Engel

Rem-Altar: Der Hl. Rochus mit dem Engel (Rückseite:Hl.AnnaSelbdritt)

Quinten Massys

um 1518

München, Bayerische Staatsgemäldesammlung – Alte Pinakothek

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Quinten Massys‘ Gemälde des heiligen Rochus zeigt einen wichtigen Ausschnitt aus der Vita des hl. Rochus, seine wundersame Heilung.

Der Legende nach wurde Rochus während des 100-jährigen Krieges als Sohn nobler Eltern in Montpellier geboren und genoss eine christliche Erziehung. Als während der Pestepidemie von 1358-61 seine Eltern an der Seuche starben, verschenkte Rochus sein gesamtes Vermögen an die Armen, trat dem Dritten Orden der Franziskaner bei und begab sich auf Wallfahrt zu den sieben Pilgerkirchen in Rom. Während seiner Reise pflegte er Pestkranke und es stellte sich heraus, dass er sie lediglich durch das Zeichen des Kreuzes heilen konnte. Trotz seiner erstaunlichen Fähigkeiten blieb Rochus ein armer Pilger und als er sich in Piacenza selbst mit der Pest infizierte, wurde er nicht weiter in der Stadt geduldet.
Daraufhin zog er sich in einen Wald zurück, um dort zu sterben. Allerdings gab es eine Quelle, um seinen Durst zu stellen. der Hund eines benachbarten Edelmanns versorgte ihn außerdem mit Brot und leckte seine Pestbeulen am Bein.
Schließlich erschien Rochus ein Engel, der ihn vollständig heilte, damit er sich wieder der Pflege der Pestkranken widmen konnte. Auf seiner Heimreise wurde er fälschlicherweise in den Auseinandersetzungen zwischen dem Herzog von Mailand und der päpstlichen Liga als Spion beschuldigt und verhaftet. Während seiner Haft gab er jedoch seine Identität nicht preis, sondern offenbarte sich erst in der Nacht seines Todes einem, ihm Beistand leistenden Priester. Seine Bestattung geschah in Voghera, wo ihm eine Kirche geweiht ist.

Rochus gilt als einer der wichtigsten Pestheiligen und wird aufgrund seiner wundersamen Taten, seiner Hilfsbereitschaft und seiner selbst erlittenen Krankheit heute noch verehrt. Zu erkennen ist er meist an seinen Attributen: der Pestbeule am Oberschenkel, einem Engel und dem Hund mit Brot im Maul. Außerdem ist er als Pilger gekleidet und trägt den Pilgerstab.

Elena Brunner



Kerler, Dietrich Heinrich. Die Patronate der Heiligen – ein alphabetisches Nachschlagebuch für Kirchen-, Kultur- und Kunsthistoriker, sowie für den praktischen Gebrauch des Geistlichen. Ulm: 1905.

Schäfer, Joachim. Rochus von Montpellier. Ökumenisches Heiligenlexikon (2018), zuletzt geprüft am 26.10.2020. https://www.heiligenlexikon.de/BiographienR/Rochus_von_Montpellier.htm



Sebastiansaltar: Martyrium des hl. Sebastian

Sebastiansaltar: Martyrium des hl. Sebastian

Hans Holbein

1516

München, Bayerische Staatsgemäldesammlung – Alte Pinakothek

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In diesem Gemälde von Hans Holbein wird das Martyrium des heiligen Sebastians, welcher als ältester Schutzpatron der katholischen Kirche gilt, dargestellt. Zu sehen ist der hl. Sebastian in einer charakteristischen Form: unbekleidet an einen Baum gebunden und von Pfeilern durchbohrt.

Der Legende nach war Sebastian Hauptmann der Prätorianergarde am kaiserlichen Hofe des Diokletian. Er verheimlichte seinen christlichen Glauben und sprach seinen Glaubensgenossen in den Gefängnissen Roms Mut zu. Als der Kaiser von seinem Glauben erfuhr, ließ er ihn an einen Baumstamm fassen und von zwei Bogenschützen erschießen. Nachdem Sebastian fälschlicherweise für tot erklärt wurde, nahm sich die Witwe des Märtyrers Castulus, Irene, des verwundeten Sebastians an und pflegte ihn bis zu seiner vollständigen Genesung. Sebastian trat erneut dem Kaiser entgegen, um ihm seine Grausamkeit öffentlich zu demonstrieren. Daraufhin wurde Sebastian auf Befehl des Kaisers mit Keulen im Circus Maximus erschlagen und in die cloaca maxima geworfen, aus der er von Christen geborgen und in den Katakomben schließlich beerdigt wurde.

Sebastians Martyrium gilt als wichtiges Thema für die Pestbekämpfung im Mittelalter, in dem die Pest symbolisch mittels Pestpfeilen [Link: Gründe] dargestellt wurde. Deshalb wurde er um Beistand in Seuchenzeiten angerufen. So soll in Pavia 680 eine Pestepidemie erloschen sein, nachdem man seine Reliquien durch die Straßen der Stadt trug. Ebenso zählt Sebastian als Patron zahlreich religiös-karitativ-sozialer Vereinigungen, wie zum Beispiel der Sebastiansbruderschaften.

Elena Brunner



Kerler, Dietrich Heinrich. Die Patronate der Heiligen – ein alphabetisches Nachschlagebuch für Kirchen-, Kultur- und Kunsthistoriker, sowie für den praktischen Gebrauch des Geistlichen. Ulm: 1905.

Schäfer, Joachim. „Sebastian“. Ökumenisches Heiligenlexikon (2018), zuletzt geprüft am 26.10.2020. https://www.heiligenlexikon.de/BiographienS/Sebastian.htm



Hölzernes Pestkreuz

Hölzernes Pestkreuz

unbekannter Künstler

San Marcello al Corso

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CC BY 3.0

Als Pestkreuz bezeichnet man eine spezielle Form der Flur- und Grabkreuze, die zum Gedenken der Opfer von Pestepidemien errichtet wurden. Ebenfalls Pestkreuz gennant, wird ein hölzernes Kruzifix, das seit dem frühen 19. Jahrhundert in der römischen Klosterkirche San Marcello al Corso aufbewahrt wird, wenngleich es eine andere Funktion und einen besondere Geschichte hat. Aus dem Vorgängerbau stammend, überstand es selbst einen großen Kirchenbrand von 1519 nahezu unbeschädigt. Zu Zeiten der Pest wurde das lebensgroße Abbild des gekreuzigten Jesus im Jahr 1522 für 16 Tage in Prozessionen durch die Straßen Roms getragen, bis die Seuche auf wundersamer Weise erlosch. In Erinnerung an dieses Wunder, wiederholte sich der Zug jahrhundertelang jeweils am Gründonnerstag von S. Marcello bis in den Petersdom.

Auch heute noch erfährt das römische Kultbild große Aufmerksamkeit, besonders angesichts der aktuellen COVID1 19-Pandemie. So begab sich im März 2020 Papst Franziskus auf Wallfahrt zum Kruzifix und ließ es anschließend in den Vatikan bringen wo er es auf dem Petersplatz aufstellen ließ, um für das Ende der Corona-Pandemie zu beten. Mit dem päpstlichen Segen Urbi et Orbi, begleitet von einer eucharistischen Andacht und Gebeten, gedachte er den Betroffenen, sowie dem medizinischem und pflegerischem Fachpersonal. Im Anschluss wurde festgestellt, dass es bei dem Gebet im strömenden Regen leicht beschädigt worden sei. Die erfolgten Restaurierungsarbeiten haben allerdings lediglich einen Vormittag beansprucht. Seit Ostern 2020 befindet sich das Kreuz wieder an seinem üblichen Ausstellungsort in der Klosterkirche San Marcello al Corso.

Elena Brunner



Katholische Sonntags Zeitung. Gegen die Corona Pandemie – Vatikan lässt wunderbares Pestkreuz herbeiholen (2020), zuletzt geprüft am 26.10.2020.
https://www.katholische-sonntagszeitung.de/Nachrichten/Vatikan-laesst-wundertaetiges-Pestkreuz-herbeiholen-Donnerstag-26.-Maerz-2020-16-31-00/(f_Rubriken)/536,64,1105,609,1053,83,472,39337,474/(f_TagsEvents)/7,25,75,81,48,36

katholisch.de. Nach Beschädigung: Vatikan äußert sich zu Zustand von Pestkreuz (2020), zuletzt geprüft am 26.10.2020.
https://www.katholisch.de/artikel/25091-nach-beschaedigung-vatikan-aeussert-sich-zu-zustand-von-pestkreuz



Wiener Pestsäule

Wiener Pestsäule

Matthias Rauchmiller (Bildhauer), Johann Bernhard Fischer von Erlach (Baumeister), Lodovico Ottavio Burnacini (Architekt), Paul Strudel (Bildhauer)

1682-86; Umgestaltung 1686-94

„Untersberger Forellenmarmor“; getriebenes Kupferblech, teilweise vergoldet

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Cc-by-sa-3.0

Die barocke Dreifaltigkeitssäule prägt mit ihrer einzigartig theatralischen Darstellung und ihrer stattlichen Höhe von etwa 21m das Wiener Stadtbild. Zu finden ist die dreiflügelige und zweigeschossige Andachtssäule im 1. Bezirk, dem Wiener Graben. Gestiftet wurde sie nach der Pestepidemie von 1679, von Kaiser Leopold I. und geweiht am 29. Oktober 1693. Ursprünglich stand an ihrer Stelle eine schlichtere Holzsäule nach den Plänen von Johann Fürwirth. Erst mit Wirken von Matthias Rauchmiller und weiteren beteiligten Bildhauern und Architekten, wie Johann Bernhard Fischer von Erlach, Lodovico Ottavio Burnacini und Paul Strudel, begann die Wandlung zur hochbarocken Inszenierung.

„Untersberger Forellenmarmor“ aus Salzburg als Hauptmaterial wird von getriebenem, teilweise vergoldetem Kupferblech verziert, wie man es unter anderem an den Wappen auf den Seitenflächen und besonders an der krönenden Dreifaltigkeitsgruppe, sehen kann. Das verwendete Material zeichnet sich durch seine Schönheit und hohe Materialqualität aus.

Die Wiener Pestsäule zeigt ein komplexes ikonographisches Programm, dessen Grundaussage ist, dass durch die Fürbitte des Kaisers Leopold I., die Pest beendet werden konnte. Das Programm wird in 3 Teile gegliedert: den Sockel, der den Menschen vorbehalten ist, und in dessen obersten Drittel Leopold I. als Fürbitter zu erkennen ist; den mittleren Bereich, welcher mit Engeln besetzt die Verbindung zwischen Gott und den Menschen darstellt und die oberste Stufe, die der heiligen Dreifaltigkeit vorbehalten ist.

Als erste Pestsäule der Habsburger Monarchie fand die Wiener Pestsäule eine große Zahl an Nachfolgebauten und wird auch noch heute, besonders im Hinblick auf die aktuelle Corona-Krise als zentrale Anlaufstelle genutzt, um für einen glimpflichen Ausgang der Pandemie zu bitten.

Elena Brunner

Koller, Manfred. Die Wiener Pestsäule. Wien, 1982.

Wiener Stadt- und Landesarchiv, Wienbibliothek im Rathaus. „Dreifaltigkeitssäule (1)“. Wien Geschichte Wiki (2019), zuletzt geprüft am 26.10.2020. https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Dreifaltigkeitssäule_(1)